Der heilige Nikolaus mit der grünen Zipfelmütze

Kurze Nikolausgeschichte von Anneliese Kranzberger

An einem besonderen Tag des Jahres brauste ein eiskalter Wind durch eine größere Stadt. Er zeigte was für Kräfte er hatte und blies so auch durch die allerkleinste Ritze und wehte alles davon, was nicht niet- und nagelfest war. Auch der Schnee hatte keine Chance dort liegen zu bleiben, wo er hingefallen war. Viele Menschen waren an diesem speziellen Tag unterwegs und hielten sich krampfhaft ihre Hüte, Mützen und Schals fest. Manche hatten große Mühe vorwärts zu kommen, so sehr schlangen sich ihre Mäntel und Röcke um ihre Beine. Der Heilige Nikolaus hastete an diesem Tag auch schon früh morgens durch die Straßen. Er hatte es heute besonders eilig. Und ihr wisst sicher auch warum?

Sein roter langer Mantel wirbelte sich um seine Hüften und Beine. Sein langer weißer Bart flatterte im Wind und seine Bischofsmütze wiegte sich auf seinem schneeweißen Haar hin- und her. „Vier Hände sollte man bei solch einem Wetter haben!“, griesgrämte er und kämpfte weiter, um den, vom Wind verdrehten Mantel neu zu ordnen, sich mehrere verfilzte gekräuselte Barthaare aus seinem Mundwinkeln zu zehren, und die schwer schwankende Bischofsmütze festzuhalten. Aber schließlich musste er sich doch dem Sturm beugen und mit ansehen, wie der Wind seine Bischofsmütze über die Dächer der Stadt hinweg trug.

„Halt! Nicht doch! Nicht meine Bischofsmütze!“, rief er ihr entsetzt hinterher.
Nun war sie aber fort und der Heilige Nikolaus war wirklich stinksauer auf den Wind. Ohne seine Bischofsmütze war er doch kein  richtiger  heiliger Nikolaus  mehr.  Das war ihm klar! Also musste er sich schnellstens wieder eine Neue besorgen. Aber woher nur? Da las er, mit großen Leuchtbuchstaben an einer Hausfassade geschrieben ‚Hüte Welt‘.

„Nichts wie rein in diesen Laden! Die haben sicher auch Bischofsmützen!“, überlegte er nicht lange.

Die Regale waren voll mit Hüten, Kappen und Mützen für Damen und Herren und Mädchen und Jungen. Doch schon beim Eintreten der neuen Kundschaft, wusste die Verkäuferin was sie benötigte, und schüttelte deshalb gleich den Kopf. „Nein! Leider, leider! Bischofsmützen führen wir nicht in unserem Sortiment!“ Sie schlug aber dem enttäuschten heiligen Nikolaus als Ersatz andere Hüte vor. Doch diese lehnte er strickt ab, da empfahl sie ihm, doch im Fundbüro nachzufragen ob eine Bischofsmütze abgegeben wurde.

„Ja! Das ist keine schlechte Idee!“, meinte er und beeilte sich ins Fundbüro zu kommen.

Aber auch der Mann hinter dem Annahme- und Ausgabeschalter, sah sofort was der Herr verloren hatte und wieder suchte und so brauchte der heilige Nikolaus auch gar nicht erst seinen Wunsch zu äußern, weil der Mann seine Frage schon im Voraus beantwortete. „Tut mir Leid! Eine Bischofsmütze wurde nicht abgegeben!“

„Aber! Das gibt es doch nicht!“, meinte der Heilige Nikolaus und drehte dabei nervös einige Barthaare um seinen Zeige- finger. „Was mache ich jetzt nur ohne Bischofsmütze?“

„Vielleicht können sie sich eine vom Kostümverleih borgen! Fragen kostet ja nichts!“, schlug ihm der Mann vom Fundbüro vor. Also rannte er sofort zum Kostümverleih. Dort fragte er eine Frau  freundlich, die  aber  auch  gleich auf den ersten Blick sah, was er benötigte.

„Ich würde mir gerne eine Bischofsmütze ausleihen?“
„Eine Bischofsmütze! Tut mir Leid, da haben wir leider keine mehr vorrätig! Die letzte wurde vor fünf Minuten verliehen!“
„Es ist wirklich keine mehr übrig?“
Die Frau schaute über den Brillenrand ihrer Brille hinweg und schüttelte den Kopf. „Nein! Wirklich nicht!“

Nun war guter Rat teuer! „Die Kinder warten bestimmt schon im Kaufhaus auf mich!“, stellte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr fest. „Was werden sie wohl sagen, wenn ich ohne Bischofmütze angetanzt komme? – Sicher werden sie sich über mich lustig machen!“, dachte er. Als er aber, auf den Weg dorthin an einer Spiegelfassade vorbei kam, prüfte er kritisch sein Spiegelbild und das Ergebnis gefiel ihm nicht schlecht – auch ohne Bischofsmütze. „Wenn ich erst noch den Bischofsstab in der Hand halte und den Sack mit den Nüssen und Lebkuchen, dann kann ich mich auch so sehen lassen! Und Recht hatte er! Die Kinder erkannten zwar, dass auf seinem Kopf etwas fehlte, aber keiner von ihnen sagte etwas, außer….., ein Junge, der eine giftgrüne wollige Zipfelmütze trug. Er beobachtete den Heiligen Nikolaus schon eine ganze Weile mit großem Argwohn, bis er endlich vor ihn hintrat und ihn fragte.

„Wo hast du denn nur deine Bischofsmütze? Ohne sie bist du doch gar kein richtiger Heiliger Nikolaus?“, und deutete auf seinen Kopf.

Da begann er dem Jungen zu erklären. „Ach ja! Ich weiß! Aber das ist ganz dumm gelaufen. Der Sturm hat sie mir vom Kopf geweht und ehe ich mich versah tanzte sie über die Dächer der Stadt hinweg!“
„Aber  einen Heiligen Nikolaus, ohne irgend eine Mütze auf seinen Kopf finde ich doof!“
„Da magst  du  wohl  Recht  haben, aber  ich  konnte  nirgendwo eine Andere auftreiben!“
„Schade, schade!“, meinte der Junge enttäuscht, dachte aber im selben Moment an seine giftgrüne Zipfelmütze und schlug ihm vor. „Wie wer’s mit meiner Mütze? Besser als gar keine. Oder!“
Dieses Angebot kam für den Heiligen Nikolaus wirklich überraschend und so musste er zuerst eine Weile darüber nachdenken, bis er schließlich meinte.

„Eigentlich wollte ich keine andere Mütze aufsetzen, weil keine andere zu mir passt. Aber deine Mütze gefällt mir und wenn du meinst, dass das in Ordnung geht. Warum nicht!“
Sofort zog der Junge seine giftgrüne Zipfelmütze vom Kopf und überreichte sie dem Heiligen Nikolaus. Dieser zog sie über sein schneeweißes Haar und wirklich, er fühlte sich gleich viel wohler damit.

„Danke mein Junge! Das war ein guter Einfall!“
Der Junge grinste über seine beiden Ohren hinaus und freute sich mit dem Heiligen Nikolaus.

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